OrthoCast - Der Orthinform Podcast
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Warum Gelenke leiden – Ursachen, Risiken und Hilfe bei Arthrose
Arthrose ist kein schleichender Abrieb, der sich brav an mechanische Regeln hält – sie ist eine biologische Kaskade, die durch Alter, Gene, Formfehler, Überlastung und vor allem durch Verletzungen angestoßen wird.
Gemeinsam mit Dr. Johannes Flechtenmacher, langjährigem Orthopäden, Forscher und ehemaligem Verbandspräsidenten, gehen wir der Frage nach, warum Gelenke schmerzen, was im Knorpel wirklich passiert und wie wir Betroffene sicher durch Diagnose und Therapie führen.
Wir starten mit einem klaren Verständnis: Ein Gelenk lebt von der Balance aus Knorpelmatrix, Synovialflüssigkeit und stabiler Führung. Wenn Trauma oder Entzündung die Struktur kippen, wirkt Übergewicht doppelt – über Last und Botenstoffe.
Dr. Flechtenmacher erklärt, wie frühzeitige Bildgebung (Röntgen im Stehen) und die Einordnung nach Kellgren-Lawrence den Kurs bestimmen, warum die typische Frühtrias (Anlauf-, Ermüdungs-, Belastungsschmerz) gut konservativ zu managen ist und wann Spätsymptome eine OP nahelegen.
Wir sprechen offen über Evidenz: Hyaluronsäure in Kombination mit Kortison kann Entzündung dämpfen und Gleitfähigkeit verbessern; Lokalanästhetika im Gelenk gelten als problematisch. Unterschiedliche Molekulargewichte haben praktische Vor- und Nachteile. Und wir beleuchten, warum NSAIDs nicht für alle taugen und wie Nebenerkrankungen und die Einnahme anderer Medikamente Therapiepfade lenken.
Zentral bleibt die Praxis: Bewegung ist Therapie. Physiotherapie, Laststeuerung, Gewichtsmanagement und gute Aufklärung verlängern die schmerzarmen Phasen und halten Funktion. Nach Verletzungen entscheidet konsequente Reha, ob die „Lawine“ gestoppt wird.
Wer versteht, was biologisch abläuft, trifft bessere Entscheidungen – von der Spritze über Trainingspläne bis zum richtigen Zeitpunkt für einen Gelenkersatz. Abgerundet wird das Gespräch durch klare Empfehlungen, ehrliche Mythenkorrekturen und viele alltagsnahe Tipps, die wirklich tragen.
Wenn dir diese Folge geholfen hat, abonniere den Podcast, teile ihn mit Menschen, die mit Gelenkschmerz ringen, und hinterlasse uns eine Bewertung – welche Frage zur Arthrose sollen wir als Nächstes angehen?
Music under CC License:
Artist: Jahzzar, Track: Blueprint (License: CC BY-SA 4.0 DEED)
Artist: Breuss Arrizabalaga Quintet, Track: Mount Fuji (License: CC PD)
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des AutoCards. Mein Name ist Katharina Döpfer.
Speaker 2:Und mein Name ist Robert Hudek. Heute haben wir ein Thema, das betrifft eine echte Volkskrankheit, das betrifft ja fast die Hälfte der Bevölkerung, nämlich 35 Millionen Menschen in Deutschland, und es nennt sich Arthrose. Arthrose, was ist das eigentlich? Und dazu haben wir heute einen echten Fachmann eingeladen, und zwar ist das Dr Johannes Flechtenmacher. Er ist aus dem Orthozentrum am Ludwigsplatz in Karlsruhe, und er ist schon seit 28 Jahren in der Praxis, ist aber wissenschaftlich auch sehr bewandert, war auch viele Jahre in den USA und hat eben zu Arthrose und Knorpel geforscht und ist auch in Patientenbetreuung und in der Versorgungsforschung tätig und war nicht zuletzt für viele Jahre Präsident des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie und hat etliche Funktionen. Ich glaube, es würde den Rahmen sprengen, johannes, wenn wir diese alle aufzählen würden. Er ist also Mitglied auch des Deutschen Ärztetages etc. Johannes, die Arthrose, was ist das eigentlich? Kannst du uns darüber eine Auskunft geben?
Speaker 3:Robert, vielen Dank für die nette Einleitung. Wie gesagt, ich beschäftige mich schon seit mehreren Jahren mit Arthrose, und letztendlich ist die Definition gleich geblieben Unter Arthrose versteht man nicht eine Erkrankung, sondern Arthrose ist wahrscheinlich eine Gruppe von Erkrankungen, die sich aus unterschiedlichen Gründen entwickeln, aber biologisch und klinisch ähnlich verlaufen. Das heißt, wir haben die gleiche Endstrecke, die dann ähnlich aussieht, aber der Grund, warum es zu dieser Endstrecke kommt, ist unterschiedlich. Das, was ich weitergeben will, ist, dass es eben unterschiedliche Gründe gibt, die zur Arthrose führen, und vielleicht können wir ja in diesem Podcast auch über diese unterschiedlichen Gründe später sprechen. Die Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung weltweit, wie du, robert, schon gesagt hast.
Speaker 3:In Deutschland sind 35 Millionen von Arthrose betroffen. Davon haben zwischen 5 und 15 Millionen eine sogenannte Manifeste Osteoporose, eine Erkrankung, weshalb sie zum Arzt gehen und warum sie eben auch leiden. Die Arthrose beginnt zumeist in den Knie und Hüftgelenken, aber auch andere Gelenke, insbesondere Finger, ellenbogen und Schultergelenke, können betroffen sein und sind betroffen. Ganz klassisch bei der Arthrose ist die Lebensqualität, und die Mobilität nimmt ab. Als Risikofaktoren ist es so, dass es Risikofaktoren gibt, die beeinflussbar sind, und welche, die sind eben nicht beeinflussbar.
Speaker 3:Was wir wissen, die wichtigsten fünf Risikofaktoren ist erstmal das Alter und das Geschlecht und aber auch die genetische Veranlagung. Das können wir nicht ändern. Was änderbar ist, ist jedoch die Belastung bzw Überbelastung Vielleicht gehen wir nachher auf den Sport und Belastung noch dazu. Ganz wichtig sind Unfallfolgen. Wir sprechen von der sogenannten posttraumatischen Arthrose, bei dem es eine Gelenkverletzung sich durch den Unfall ergeben hat. Das ist einer der größten Risikofaktoren, das ist die Gelenkverletzung. Wir haben Arthrosen, die durch die Form und Stabilität der Gelenke entstehen.
Speaker 3:Die Hüftdysplasie ist zum Beispiel ein ganz klassisches Beispiel, also diese Erkrankung, mit der Kinder auf die Welt kommen, die heutzutage glücklicherweise durch den Ultraschall frühzeitig diagnostiziert werden können, und damit werden zum Beispiel viele Arthrosen im Hüftgelenkbereich vermieden. Und was leider zusätzlich noch dazu kommt und das ist in den letzten Jahren immer mehr dazu wir haben ein Problem bei Patienten, die Übergewicht haben. Also allein die statische Belastung eines Gelenkes führt zu einer Arthroseentstehung, beinstand oder auch beim Gehen, dass man die dreieinhalbfache bis fünffache Körperkraft eben auf diesem Knie hat. Das heißt, jedes Kilo, was man letztendlich zu viel auf den Knochen hat, wirkt auf das Gelenk und ist ein großer Risikofaktor für die Arthrose. Also, ich wiederhole nochmal die fünf wichtigsten Risikofaktoren sind eben das Alter und Geschlecht und die genetische Voraussetzung, die Belastung über oder vielleicht Fehlbelastung, unfallfolgen, trauma, die Form und Stabilität von Gelenken und das Thema Übergewicht. Das sind so unsere Probleme, die wir in der Orthopädie sehen.
Speaker 1:Ich würde da glatt einmal einhaken. Wir haben uns das ja früher immer sehr mechanistisch vorgestellt, so wie du das eben schon gesagt hast. Aber der mechanistische Anteil ist eigentlich gar nicht so der Hauptanteil. Wir haben immer gedacht, das reibt sich irgendwie ab.
Speaker 3:Kannst du mal sagen, was auf Zellenebene oder im Gelenk passiert mit einer Arthrose? Dann kann man, glaube ich, auch so ein bisschen das herleiten, was die Urs abfährt. Das ist nicht der Fall, sondern, ein Gelenk ist eben aufgebaut aus Knochen, das sind die zwei Enden des Knochens. Diese Enden, knochenenden, sind mit einer Knorpeloberfläche überzogen, und dann hat man noch eine Kapsel um das Gelenk herum, die Gelenkkapsel, und diese Gelenkkapsel hat innen noch eine Membran, synovialmembran, nennen wir das. Die Kapsel hat innen noch eine Membran, synovialmembran, nennen wir das. Die ist dafür da, dass man diesen Knorpel ernährt.
Speaker 3:Das Problem bei dem Knorpel ist im Knorpel haben wir relativ wenig Zellen. Nur ca 10% der Substanz, die den Knorpel ausmacht, sind Zellen, und das andere ist eine sogenannte exazelluläre Matrix. Die besteht aus zuckerähnlichen Molekülen, no-transcript werden, die zusätzlich auf diesen Knorpel mit einwirken und eben dieses Kollagen und Proteoglykangerüst zerstören, und so kommt es dann letztendlich dann zur Arthrose. Das heißt, gerade bei Adipositas, also Übergewichtsspielen 2, sah eine Rolle einerseits die mechanische Überlastung, wobei das nicht als Verschleiß zu sehen ist, sondern als Verlust der Struktur, dass die Struktur in sich zusammenfällt, und dann eben noch diese entzündlichen Reaktionen.
Speaker 1:Du hast gerade die entzündlichen Reaktionen angesprochen. Gibt es noch andere Einflussgrößen? Also, wir wissen, dass diese Zerstörung der Proteoglykane dann eben den Knorpel mit angreift in Form dieser Entzündungsreaktion. Gibt es noch etwas, was irgendwie Auswirkungen hat? Also meinetwegen Ernährung oder irgendwelche Lebensmittel?
Speaker 3:Gibt es da irgendetwas, worauf man achten kann? Also, wir haben tatsächlich geguckt und haben auch eine größere Literatursuche gemacht, um zu sehen, ob Ernährung auf den Knorpel Einfluss haben kann. Man muss ehrlicherweise sagen, wir haben nichts in der Literatur gefunden, außer dieses Thema Übergewicht, das heißt, was man letztendlich isst, zumindest im mitteleuropäischen Bereich dasken und Drogerien kauft. Dass der Knorpel sich wieder erholen sollte, das ist eher eine Wunschvorstellung, und viele Patienten wünschen sich das, aber es gibt keine wissenschaftliche Evidenz, dass da irgendetwas dran sei, was dem Patienten irgendwie nützt.
Speaker 1:Also die frühere Empfehlung, Gummibärchen zu essen, ist nicht hilfreich.
Speaker 3:Also die frühere Empfehlung, gummibärchen zu essen, ist nicht hilfreich. Genau, gummibärchen schmecken lecker, finde ich auch, das esse ich auch ganz gern manchmal, aber für die Arthrose bringt das nichts. Und auch diese sogenannten Medikamente, die man teilweise auf Rezept und teilweise ohne Rezept bekommt, die den Knorpel wieder regenerieren sollen, wie gesagt, das ist eine Wunschvorstellung von Ärzten und insbesondere Wunschvorstellung von Patienten. Ich sehe das auch in Deutschland ist es so, dass man glaubt, dass durch das Essen oder was man isst und wie man das isst, im Prinzip jede Erkrankung beeinflussen kann. Das ist bei der Arthrose leider nicht so. Was aber wichtig ist ich wollte mich nicht zu sehr auf dieses Thema Lipositas konzentrieren, was eben wichtig ist Ich wollte vor allem dieses Thema Trauma, diesen Unfall hier nochmal besprechen, weil wir wissen, eigentlich der größte Risikofaktor neben dem Alter ist eben das Trauma, das stattgehabte Trauma.
Speaker 3:Wir wissen auch, dass viele Knieverletzungen entstehen, insbesondere auch bei Sportarten, auch bei Winter und auch bei Sommersportarten, und auch viele Sportler zum Beispiel so eine Kreuzbandverletzung oder Meniskusverletzung erleiden. Und wir wissen zum Beispiel bei der Kreuzbandverletzung, dass 90 Prozent der Patienten, die sich eine Kreuzbandverletzung zuziehen, innerhalb von zehn Jahren eine Arthrose entwickeln, entsteht. Und dieses Trauma muss man sich so vorstellen das ist nicht nur diese mechanische Verletzung des Gelenkes, sondern durch diese mechanische Verletzung. Das können wir in der Kernspintomographie ganz gut sehen, zum Beispiel bei der Kreuzbandruptur. Dann bekommt das Gelenk einen Schlag, und der Knorpel bekommt einen Schlag, und wir sehen das im Kernspintomogramm, dass sogar der Knochen drunter im äußeren Teil des Gelenkers, wo diese Kreuzbandverletzung stattgefunden hat, eben eine Veränderung der biochemischen Struktur sich zeigt. Das sieht man bei einer bestimmten Untersuchung als weiße Flecken, und das ist eben so wie bei einer Lawine.
Speaker 2:Da wird eine Lawine durch diesen Schlag eben ausgelöst, und dann finden bestimmte biochemische Abläufe, fangen da an, und die brauchen, dass ein Schlag ein Trauma führt, dann langfristig zu einem Schaden im Knorpel Ist ja evolutionsbiologisch irgendwie nicht so sinnvoll.
Speaker 3:Kann man so sehen? sicher, natürlich hat in der Natur alles seinen Sinn. Wahrscheinlich auch Heutzutage ist es so, dass man diese Frühentstehung der Arthrose beeinflussen möchte, und es gibt natürlich in der Wissenschaft verschiedene Ansätze, wie man gerade diesen Lawineneffekt, diesen frühzeitigen Lawineneffekt eben abmildern kann, dass es eben letztendlich nicht zu dieser Arthrose kommt.
Speaker 2:Johannes, ich weiß ja, du bist ja auch ein Praktiker, du hast ja auch sehr viele Patienten und schon seit so vielen Jahrzehnten eigentlich zu dir kommen, und die Praxis ist ja wahrscheinlich voll mit Patienten, die Arthrose haben. Wie gehst du eigentlich vor? Was ist deine Struktur?
Speaker 3:gehst du eigentlich vor.
Speaker 3:Was ist deine Struktur? Also, letztendlich ist es ja so, dass der Patient kommt ja nicht zu uns und hat auf seiner Stimme geschrieben, ich habe Arthrose, sondern die Patienten. Die kommen ja zu uns, weil sie haben entweder Schmerzen in einem Gelenk, zum Beispiel im Kniegelenk, oft auch Schwellungen, sie haben das Gefühl der Steifheit und der Bewegungseinschränkung, und sie haben oft berichten sie auch über Blockierungsphänomene. Und in der Tat ist es so. 2009 hat der David Felsen aus Boston tatsächlich in einer großen Studie, in der Framingham-Studie, nachgewiesen, dass diese drei Faktoren Schmerz, bewegungseinschränkung und Blockierung die häufigsten Symptome sind, die sie auch wissenschaftlich mit einer Arthrose verbinden. Also, das sind die typischen klinischen Zeichen der Arthrose.
Speaker 3:Was für uns natürlich wichtig ist in der Orthopädie wir müssen mit den Patienten sprechen. Man spricht heutzutage von einer biopsychosozialen Anamneseerhebung, wo man so ziemlich alles abfragt. Das ist dieses neue Wort, an die wir Orthopäden uns vor circa 15 Jahren gewöhnen mussten, aber zwischendurch ist das in aller Munde. Also, man befragt den Patienten, die Patienten erzählen einem die wichtigsten Sachen, muss man sagen. Wenn man dem Patienten gut zuhört, weiß man ziemlich schnell, wo es eigentlich hingeht, und von da aus können wir natürlich dann schon sehen, wo es hingeht.
Speaker 3:Wir unterscheiden, und da gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass es eine sogenannte Frühtrias und eine Spähtrias gibt, das heißt drei Symptome, die eher am Anfang sind, die man eben konservativ wirklich sehr gut behandeln kann, und dann diese Spähtrias, die dann eher zu der Operation führt. Zur Frühtrias gehört der sogenannte Anlaufschmerz der ist ziemlich typisch für die Arthrose der Ermüdungsschmerz und der Belastungsschmerz. Diese drei Schmerzformen, die können wir in der orthopädisch-ambulanten Medizin wirklich gut behandeln mit konservativen Maßnahmen. Und dann kommt die Spätrias. das ist dieser Dauerschmerz, der Nachtschmerz und häufig die Bewegungseinschränkungen. Also das ist dieses Problem, wo wir dann eher auch in der Praxis tendieren, die Operation zu empfehlen no-transcript.
Speaker 1:Gerade gesagt, am Anfang eher konservativ, am Ende eher operativ. Wie ist so der Start?
Speaker 3:Also der Start ist natürlich so nach der Besprechung kommt die klinische Untersuchung. Dann kommt erstmal eine Diagnostik, das heißt, die klassische Diagnostik bei der Arthrose oder, wenn man an Arthrose denkt, oder in der Orthopädie. Insgesamt muss man auch sagen, ist das Röntgenbild, und zwar das Röntgenbild im Stehen, nicht im Liegen. Die Radiologen machen in der Regel, weil sie es so in der Klinik gelernt haben, röntgenaufnahmen im Liegen. Bei uns in der Orthopädie ist es so, dass wir Röntgenbilder prinzipiell von Gelenkimpfdähen machen, weil da können wir die Belastung sehen. Und dann definieren wir schon im Röntgenbild die Stadien der Arthrose. Da gibt es eine Klassifikation nach Kellgren und Lawrence. Da gibt es Stadium 1, da sieht man nichts. Stadium 2 sieht man ein bisschen was. Da gibt es Stadium 1, da sieht man nichts. Stadium 2 sieht man ein bisschen was, stadium 3 sieht man ein bisschen mehr, und Stadium 4, da ist so alles kaputt.
Speaker 3:Es ist sicherlich für die konservative Therapie sinnvoll, sich auf die Stadien 2 und 3 zu konzentrieren, und da sehen wir auch bei der Arthrose, dass es verschiedene Phasen der Arthrose gibt. Das heißt, es gibt sogenannte schmerzhafte und schmerzlose Phasen. Die Arthrose läuft so wie so eine Sinuskurve, das heißt, der Patient hat nicht ständig Schmerzen, und er hat teilweise wirklich eine sehr gute Zeit, wo er nichts braucht, auch keine Medikamente, keine Spritzen, nicht mal Physiotherapie, und da tut ihm auch nichts weh. Und dann hat er eben schlechte Phasen, wo er Entzündungen im Knie hat, wo es ihm weh tut, etc.
Speaker 3:Und diese Phasen gilt es eben in der konservativen Orthopädie eben abzufangen, dass man die Lebensqualität und die Mobilität des Patienten sichert über eine möglichst lange Zeit. Viele Patienten kommen eigentlich mit konservativen Maßnahmen ihr ganzes Leben über die Runde, andere wiederum, bei dem eine Arthrose Stadium 4 sich dann entwickelt, wo wirklich Knochen auf Knochen reibt. Da muss man dann auch sagen, auch da sind unsere Möglichkeiten der konservativen Orthopädie begrenzt. Und hier sollte man dem Patienten nach einer gewissen Vorbehandlung da gibt es unterschiedliche Sichtweisen, die Leitlinien sprechen von sechs Monaten sollte man dem dann ein operatives Verfahren, der Gelenkersatz eben empfehlen.
Speaker 2:Es gibt ja viele Orthopäden. Also ich mache das zum Beispiel auch wenn ein Patient eine Arthrose hat, aber für eine Prothese eben noch nicht qualifiziert, dann spritzt man ja ganz gerne in das Gelenk hinein, Medikamente oder auch Kombinationen aus verschiedenen Medikamenten. Was hältst du davon, und wie gehst du bei solchen Sachen vor? Machst du das auch?
Speaker 3:Ich liebe Spritzen, muss ich sagen. Ich finde, das ist ein ganz zentraler Anteil unserer Arbeit, was wir gelernt haben, was wir auch gut können und was uns auch unterscheidet im Vergleich zu anderen Fachgruppen. Es ist sicherlich so man geht natürlich immer davon aus, dass man steril arbeitet, und das ist wirklich ein zentraler Punkt. Das heißt, wir Orthopäden haben sterile Spritzen und Punktionstechniken am Kniegelenk gelernt. Wenn man das einhält, ist die gefürchtete Komplikation, nämlich der Infekt, sehr selten. Ich habe auch noch in meiner Zeit bisher noch keinen Kniegelenksinfekt oder so gehabt In diesen 28 Jahren. Da bin ich glücklicherweise verschont geblieben, obwohl ich viel spritze.
Speaker 3:Beim Spritzen ist es so, dass man, wenn man spritzt, sicherlich erstmal diesen Erguss, den Patienten mit einer entzündeten Arthrose haben, entfernt, indem man den abpunktiert. Schon dadurch profitieren viele Patienten deutlich, was ein klassisches Medikament ist, was jedoch von vielen Patienten, aber auch von anderen Ärzten verteufelt wird zu Unrecht, meine ich, und da ist die Studienlage eindeutig. Die intraartikuläre Kortisonbehandlung, die man nicht zu oft, aber doch ein paar Mal im Jahr no-transcript, so habe ich das früher auch gemacht. Wir wissen aber zwischenzeitlich, dass dieses Lokalanästhetikum selbst Effekte auf den Knorpel hat. Das heißt, die Knorpelzellen können durch diese Lokalanästhetikas geschädigt werden, und das heißt, der Knorpelschaden bei der Arthrose, die jetzt schon besteht, das dennoch schlimmer wird. Das heißt, was ich vor einigen Jahren eben angefangen habe ich nehme nicht die Kombination aus einem Steroid, also einem Kortisonpräparat, einem Lokalanästhetikas, sondern prinzipiell immer aus einem Kortisonpräparat und Hyaluronsäure.
Speaker 3:Hyaluronsäure ist ja ein Medikament, was seit mehreren Jahrzehnten intraartikulär appliziert wird. Dieses Medikament kommt ursprünglich aus der Behandlung von Rennpferden, ist damals in Japan entwickelt worden und ist später dann eben in die Behandlung von Rennpferden, ist damals in Japan entwickelt worden und ist später dann eben in die Behandlung der Arthrose zuerst Gonarthrose, dann andere Arthrose eben bei den Menschen zugelassen worden. Und gerade diese Kombination am Anfang von einem Steroid, kortison und Hyaluronsäure und im Anschluss eventuell noch Hyaluronsäure allein kann wirklich zu deutlichen Verbesserungen der Funktion führen, auch wenn wir wissen, dass in randomisierten Studien die alleinige Hyaluronsäure Da gibt es wenige Studien, die zeigen, aber eben alle, dass es wirklich ein exzellenter Ansatz ist, und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, funktioniert sehr häufig, sehr, sehr häufig exzellent, und man kann den Patienten, ohne denen zu schaden, wirklich was Gutes tun. Das ist so meine Sichtweise von Hyaluronsäure. Ich weiß sehr wohl, dass die Sichtweise von anderen Fachgruppen und vielleicht auch anderen Kollegen nicht so geteilt ist, aber das ist ja jetzt ein Podcast, wo ich meine persönliche Erfahrung und Meinung darstellen soll, und deswegen mache ich das auch so.
Speaker 1:Du, ich stimme dir zu. Also, wir spritzen auch Hyaluron, wenn die Indikation dafür besteht, und ich finde auch, dass es gut funktioniert. Es gibt ja immer so die Diskussion welche Hyaluronsäure? Da gibt es ja nun viele Anbieter. Wir wollen jetzt hier keinen Namen nennen, aber es gibt natürlich unterschiedliche Molekulargewichte. Kannst du da irgendwie nochmal ganz kurz erklären, was zu sagen ist?
Speaker 3:Das ist scheinbar doch tatsächlich so, aber da ist die Evidenz nicht eindeutig. Ich habe gestern eine Literaturuntersuchung gemacht für die neue Leitlinie Coxarthrose, dass die höhermolekularen Hyaluronsäuren wahrscheinlich besser sind, sind eben doch zähflüssiger. Da gibt es auch welche, die so vernetzt sind, Und da muss man doch eine relativ dicke Nadel nehmen, wenn man das ins Knie spritzen will. Der Nachteil davon ist, dass man natürlich bei einer dicken Nadel auch ein größeres potenzielles Risiko für eine Infektion hat. Also, ich benutze eher mittelmolekulare Hyaluronsäuren und nur in Spezialfällen die höhermolekulare Hyaluronsäure.
Speaker 3:Zu Hyaluronsäure wollte ich noch sagen wir haben ja das Problem bei vielen Patienten, dass sie noch Komorbiditäten haben. Wir haben ja nicht nur Arthrose, sondern wir haben noch Herz und Lunge und Niere und so weiter. Das heißt, wir haben noch Herz und Lunge und Niere und so weiter. Das heißt, wir haben noch andere exzellente Medikamente, insbesondere diese Rheuma, diese nicht-schöntalen Antirheumatika, NSARs, die wirklich exzellent wirken, aber bei vielen Patienten eben nicht angewendet werden können, weil die eben noch andere Probleme haben, insbesondere Probleme mit der kardiovaskulären Situation. Das heißt, wir müssen uns als Ärzte zusammen mit unseren Patienten irgendwie organisieren, dass wir dem Patienten helfen und nach Möglichkeit dem nicht schaden. Das heißt, man kann das nicht so apodiktisch sagen, Hyaluronsäure ist gut oder Hyaluronsäure ist schlecht, sondern das muss man im Konsens mit der Problematik, die der Patient mitbringt, einfach dem Patienten anbieten.
Speaker 2:Johannes spritzen zahlen das die Krankenkassen eigentlich?
Speaker 3:Das ist eine Frage, die natürlich immer wieder kommt. Eine reguläre Spritze mit einem Steroid am Lokalanästhetikum, das bezahlt die Krankenkasse, beziehungsweise sie bezahlt es nicht. Weil der Arzt beim Kassenpatient das gar nicht abrechnen kann, muss man sagen, es gibt gar keine Ziffer im Kassenbereich, wo man überhaupt eine Spitze abrechnen kann. Deswegen muss man sagen, wenn der Arzt das bei einem gesetzlich versicherten Patienten macht, dann macht er es letztendlich umsonst. Das ist ein Teil dieser Budgetierung oder Komplexierung, die wir im kassenärztlichen Bereich sehen. Natürlich, bei privatversicherten Patienten gibt es da Abrechnungsziffern, die man abrechnen kann.
Speaker 3:Die Hyaluronsäure wird in der Regel es gibt eine Ausnahme von den gesetzlichen Krankenkassen auch nicht bezahlt, weil es eben ein Medizinprodukt ist und kein Medikament. Die sind als Medizinprodukte zugelassen, und deswegen muss der Arzt es eben als private, als Igelleistung anbieten. Aber man muss ehrlicherweise sagen, so teuer ist diese Hyaluronsäure, nicht Die Spritze, auch da kommt man mit einem besseren Haarschnitt in diesen Bereich, und es ist ja auch nicht so, dass man diese Spritzen über mehrere Monate gibt, sondern die macht man dreimal oder fünfmal, und dann ist auch gut für eine Weile. Also, das heißt, diese Kosten, die auf einen zukommen, die sind nicht immens, natürlich sind die da, aber es ist nicht so, dass sie nicht übersichtlich sind, und da kann ich auch jedem Patienten raten, dass er wirklich ein offenes Wort mit seiner Ärztin und seinem Arzt sucht, und der wird ihm das dann auch erklären.
Speaker 1:Wir haben ja jetzt einiges zu Hyaluron besprochen. Hättest du auch noch andere Präparate, an die man denken könnte? Es gibt ja da spannende Ideen, was so manchmal gespritzt wird. Gibt es noch was, wo du sagen würdest die Literatur hat dazu gute Ergebnisse gezeigt.
Speaker 3:Es gibt natürlich vieles, was die Patienten einnehmen oder was vielleicht auch Kollegen spritzen. Man muss ehrlicherweise sagen, aus meinem Wissen und ich glaube, dass ich die Literatur da so einigermaßen kenne, durch die Mitarbeiter auch in den Leitlinienkommissionen, ist es so, dass Hyaluronsäure das einzige Medikament ist, was man mit einigermaßen Evidenz dem Patienten empfehlen kann. Und wirklich, ich möchte die Lanze brechen für die interartikuläre Kortisonbehandlung, gerade bei entzündlichen Sachen, gegebenenfalls die Kombination aus Hyaluronsäure und Steroid. Das funktioniert wirklich gut. Das andere grenzt so ein bisschen an die Glaubensmedizin.
Speaker 1:Danke für deine Einschätzung. Kannst du vielleicht noch zusammenfassend sagen was gibst du deinem Patienten mit auf den Weg? Was kann man als Patient selber tun?
Speaker 3:Also natürlich, man kann sich selber nicht ins Knie spritzen. Über was wir gar nicht gesprochen haben, ist das Thema Bewegung. Ich glaube, das Thema Bewegung ist ein ganz wichtiges Thema, und danke Katharina, dass du das nochmal ansprichst. Wir haben jetzt viel über Diagnostik und Therapie gesprochen und Spritzen etc. Aber das Thema Bewegung, physiotherapie, ist ein zentraler Punkt. Für uns ist es wichtig, auch bei dieser psychosozialen Anamnese und nachher bei der motivationalen Beratung. So heißt es heutzutage, den Patienten zu motivieren, sich zu bewegen, auch bei Arthrose ganz wichtig, auch bei Arthrose und auch mit Arthrose. Bewegung ist etwas ganz Wichtiges, und man muss den Patienten beraten. No-transcript, man soll das einnehmen, dann, wenn man es braucht, und dann, wenn man es eben nicht braucht, soll man es bitte weglassen.
Speaker 3:Das heißt, diese Beratung des Patienten, dieses Educating the Patient, wie der Engler oder der Amerikaner sagt, das ist der zentrale Punkt der Therapie. Das heißt, beratung ist Therapie. Dann, das muss sich der Patient gewöhnen. Der Patient kann es ganz viel selbst machen. Manchmal muss er auch gar nichts machen. Einfach dieser Aktionismus, etwas machen zu müssen, sei es nun Essen, medikamente, nahrungsergänzungsmittel etc, das ist eigentlich nichts, was man dem Patienten, also dem muss man sagen, das braucht er nicht, und wir Ärzte müssen uns einfach mehr Zeit nehmen, oder wir sollten uns mehr Zeit nehmen, dem Patienten das zu erklären, weil leider die Gesundheitskompetenz, gerade auch in Sachen Arthrose, in der Bevölkerung nicht sehr hoch ist.
Speaker 1:Also das wäre ja eigentlich ein gar nicht so schlechtes Schlusswort, dass wir sagen, jetzt, auch wenn vielleicht der letzte Satz nicht ganz so optimistisch war, aber dass wir grundsätzlich sagen, arthrose lässt sich gut behandeln. Es ist natürlich eine große Volkskrankheit. Bewegung ist wichtig, und wir wissen eben, es gibt verschiedene Risikofaktoren, die hast du alle gut einmal dargestellt. Aber es bleibt eben immer eine gute Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient, und dann lässt sich Arthrose eigentlich ganz gut in den Griff kriegen und stabilisieren.
Speaker 2:Das war eine Sendung zur Arthrose. Was ist das eigentlich?
Speaker 1:Heute unser Gast Dr Johannes Flechtenmacher aus dem Orthozentrum am Ludwigsplatz in Karlsruhe. Danke, lieber Johannes, für deine Ausführungen, danke auch an die Geschäftsstelle und an den technischen Support, den wir dort haben, nämlich an die Frau Planert. Ohne die wäre das alles undenkbar. Und natürlich ganz herzlichen Dank an Sie, an die Zuhörer, denn ohne Sie wären wir auch nicht da, und wir freuen uns, wenn Sie das nächste Mal wieder dazuschalten.
Speaker 2:Und wünschen Mast und Schuldbruch, und in Hamburg sagt man Tschüss.